Fips und der Hausputz
Von Axel Baumgart (mit einer Zeichnung von
Ute Petkelis)
Aufräumen ist schlimm, Saubermachen ist
schlimmer, aber Hausputz ist grässlich. Wenn aber andere Hausputz machen, und
man dadurch selber keine Ruhe mehr hat, dann ist das fast nicht zum Aushalten.
Aber alles das hätte Fips gerne auf sich genommen, wenn er dafür den Tag
gestern nicht hätte erleben müssen.
Fienchen war bei ihm
gewesen, und sie hatten gemütlich bei Fips im Wohnzimmer gesessen, als es
plötzlich dunkel wurde. Das war schon öfter passiert. Aber wie das bei den
meisten Mäusen so ist, konnte sich auch Fips an manche Sachen, die gestern oder
noch früher passiert waren, nur sehr schlecht erinnern. Und so glaubte er, dass
es zum ersten Mal passierte.
Er war ganz
aufgeregt und Fienchen zitterte vor Angst. Es dauerte schreckliche, lange
Minuten, bis Fips endlich die kleinen Kerzen gefunden hatte und es wieder etwas
heller im Wohnzimmer war. Jetzt konnten die beiden Mäusefreunde auch sehen,
warum es so dunkel geworden war. In der, oder besser vor der Öffnung, die das
Wohnzimmer von Fips mit dem Wohnzimmer von Herr Müller verband, lag etwas. Sie
konnten nicht genau erkennen, was es war, aber es verschloss den Ausgang
völlig.
Mutig sagte Fips:
„ Ich werde mich
einmal darum kümmern und nachsehen, was da los ist!“
Dann ging er auf
dieses Ding zu. Aber mit jeden Schritt wurde Fips ängstlicher und dachte, dass
er besser seinen vorlauten Mund gehalten hätte. Aber ausgerechnet vor Fienchen
konnte er jetzt nicht zugeben, wie groß seine eigene Angst wirklich war. Also
ging er tapfer weiter, bis er genau vor diesem Ding stand, was sich immer noch
keinen Millimeter bewegte. Langsam streckte er seine Hand aus, berührte es ganz
kurz, und rannte blitzschnell in die andere Ecke des Wohnzimmers. Das Ding
bewegte sich nicht das kleinste Stück. Fienchen schaute Fips nur an und zuckte
ratlos mit den Schultern. Etwas mutiger ging Fips wieder auf das Ding zu, und
gab ihm einen kleinen Schups, der jedoch vollkommen ohne Wirkung blieb.
Jetzt sammelte Fips
seinen ganzen Mut zusammen, nahm einen großen Anlauf und rannte mit aller Kraft
gegen dieses Ding an. Ja, es gab auch etwas nach, aber nur ein kleines Stück,
um ihn dann mit dem ganzen Schwung wieder zurück ins Wohnzimmer zu werfen. Da
saß Fips nun in seinem schlecht beleuchteten Wohnzimmer auf dem Po, schaute
ratlos drein, und zu allem Überfluss musste Fienchen auch noch lachen. Fips
fand das gar nicht komisch. Sie waren eingesperrt, er saß auf dem Boden auf dem
Po und hatte keine Lösung.
Bevor Fips richtig
ärgerlich werden konnte, löste sich das Problem von ganz allein. Das Ding
bewegte sich plötzlich zur Seite, und es kam wieder Licht durch die Öffnung.
Fips und Fienchen blieben aber kaum Zeit um sich darüber zu freuen. Denn das
große Verdunklungsding hatte nur Platz gemacht, damit noch etwas viel
Schrecklicheres passieren konnte. Die beiden sahen durch die Tür hinaus in das
Wohnzimmer von Herrn Müller.
Dieser schob ein
langes Rohr vor sich her über den Teppich. Vorne an dem Rohr war ein breites und flaches
Ding. Es zischte und schnaufte sehr laut und schien einfach alles aufzufressen,
was ihm im Weg lag. Hinten an dem Rohr war ein Schlauch, der zu einem schwer
aussehenden roten Kasten mit einem irrsinnig langem Schwanz führte. Dieser rote
Kasten hielt alles fest, was das Maul gefressen hatte, und gab es nicht wieder
her. Dieses alles fressende, laute Ding kam jetzt genau auf das Wohnzimmer von
Fips zu. Die beiden kleinen Mäuse konnten sich für einen Moment weder bewegen,
noch einen klugen Gedanken fassen. Fienchen war es, die dann plötzlich laut
rief:
„Wir müssen hier
raus, und zwar sofort. Laauuuuuuf!“
Ohne zu warten,
sprintete Fienchen auf den Ausgang zu, und Fips hinterher. Aber das Maul des
Ungeheuers war schon so nah am Ausgang, dass sie nicht beide auf der gleichen
Seite entkommen konnten. Also rannte Fienchen links und Fips rechts am Maul des
lauten Ungeheuers vorbei. Völlig außer Atem und immer noch am ganzen Körper
zitternd trafen sie sich am Schwanz des Ungeheuers wieder. Die Gefahr aber war
noch nicht vorbei. Das Ungeheuer bewegte sich vor und zurück und wechselte hin
und wieder die Richtung, so dass die beiden immer noch nicht in Sicherheit
waren. Sie schlüpften hinter den Zeitungsständer von Herrn Müller und
beobachteten das Monster aus ihrem Versteck. Bei diese Gelegenheit sah Fips
auch, was das Ding war, dass zuerst sein Wohnzimmer blockiert, und dann dem
Monster den Weg freigemacht hatte: Es war ein Hausschuh von Herrn Müller.
Fips hatte auch
Hausschuhe, aber die waren dafür, dass Fips sie in seinem Haus anzog. Die
Hausschuhe von Herrn Müller waren so groß, dass Fips ein komplettes Haus darin
bauen konnte. Aber jetzt war keine Zeit, um darüber nachzudenken.
Das Ungeheuer schien
die beiden entdeckt zu haben, denn es kann genau auf sie zu. Sehr langsam, und
möglichst leise krochen die zwei Freunde von dem Zeitungsständer weg, um sich
unter dem Sofa von Herrn Müller zu verstecken. Hier, glaubten sie, waren sie
eine Zeit sicher. Aber das war ein schrecklicher Irrtum. Das Monster in der
Hand von Herrn Müller legte sich flach auf den Boden und kam mit schnaufend und
zischend unter das Sofa gekrochen.
Fips und Fienchen
drückten sich mit dem Rücken fest an die Wand und bewegten sich auf
Zehenspitzen langsam zur Seite. Das Monster schien sie nicht zu sehen. Bald
waren sie am Ende des Sofas und mussten eine Entscheidung treffen. Sie konnten
weiter unter dem Sofa bleiben und warten bis es dunkel wurde und sich dann auf
den weiten Weg zu Fips’ Wohnung machen. Oder sie konnten ihr Herz in die Hand
nehmen und versuchen, jetzt so schnell wie möglich zu Fips’ Wohnung zu laufen.
Dabei mussten sie nur darauf achten, dass das Monster sie nicht sah. Sie
schauten sich kurz an und es war klar, dass sie nicht den ganzen Tag unter dem
Sofa verbringen wollten.
Also blieb nur die
riskantere Lösung. Leise zählte Fips:
„ Eins …. Zwei …
Drei!“
Auf drei rannten die
beiden los wie die Feuerwehr. Einmal hätte das Monster sie fast bemerkt, hatte
sich dann aber doch noch in eine andere Richtung gedreht. Nach Luft schnappend
kamen sie endlich an. Sie hielten sich an den Händen und beobachteten
ängstlich, wie das Monster den ganzen Boden absuchte. Als es endlich satt war,
hörte das Schnaufen auf. Das Monster zog seinen langen Schwanz ein und folgte
Herrn Müller, als dieser aus dem Zimmer ging. Die beiden Mäusefreunde waren
sehr froh darüber und dachten, dass sie ein so spannendes Abenteuer noch nie
erlebt hatten.
AB, Frankfurt a.M. 25.10.04